10. AMTSGARTENKONZERT 02./03. 08. 2024
Amtsgarten Konzerte
Amtsgarten e.V. - 28865 Lilienthal, Butendiek 35 - kontakt@amtsgarten.de - T. 04298 2544

Presseberichte

Konzertveranstaltungen 2015

Belcanto in Lilienthalien

WÜMME ZEITUNG 24.08.2015
TEXT: MICHAEL SCHÖN
FOTOS: HENNING HASSELBERG

Musica Viva beschert Opernfreunden im ausverkauften Amtsgarten an zwei Abenden große Hörerlebnisse

Lilienthal. Wenn es um die Oper geht, ist Italien noch allemal das Sehnsuchtsland der Deutschen. Mit einem bunten Strauß bewährter Arien, Chormusiken und Duetten aus den Federn von Giacomo Puccini, Gioachino Rossini, Giuseppe Verdi und Gaetano Donizetti in den Notenblättern fiel es dem Ensemble Musica Viva nicht sonderlich schwer, bei den Zuhörern im Lilienthaler Amtsgarten zu punkten. Zumal wie Orchester und Chor auch die vier Solisten überzeugten und der laue Sommerabend dazu angetan war, Erinnerungen an einen Urlaub südlich der Alpen zu wecken. Der Himmel war zwar nicht azurblau, aber die Sonne kam immer mal wieder durch.

Das Potpourri aus berühmten Opernmelodien des großen italienischen Komponisten- Quartetts an den beiden Konzertabenden in „Lilienthalien“ lief nie Gefahr, in die „Eintönigkeit“ abzugleiten. Abwechslung war gewährt, weil alle vier Tondichter ihre ganz eigene unverwechselbare Handschrift in die Partituren brachten. Rossini und Donizetti, beide schon im 18. Jahrhundert geboren, sind noch dem Belcanto, dem „schönen Gesang“, verpflichtet, bei dem Rezitative die Handlung voranbringen müssen, während die Opern Puccinis (1858 – 1924) durchkomponiert sind, mit großartigen Harmonien von Anfang bis Ende. Verdi wiederum, der sich durch Rhythmik und seine eingängigen Chorwerke auszeichnet, war ein Zeitgenosse und Antagonist Richard Wagners. Er hat die verschiedensten Einflüsse aufgenommen und verarbeitet, ehe er 1901 im für damalige Verhältnisse hohen Alter von 87 Jahren starb.

Nach dem romantisch-volkstümlichen Auftakt mit dem Chor und „Es blinken so lustig die Sterne“ aus der Oper „Preziosa“ von Carl Maria von Weber eröffnete Iris Kupke den Reigen der Arien und Duette mit „O mio babbino caro“, einem der beliebtesten Gesangsstücke für Sopran überhaupt, geschrieben von Puccini für den Einakter „Gianni Schicchi“. Lauretta bringt gegenüber ihrem Vater ihre große Liebe zu dem jungen Rinuccio zum Ausdruck. Sie droht damit, sich zum Ertrinken in den Arno zu stürzen, falls dieser Verbindung die Erfüllung versagt bliebe.

Als Bariton unter den vier Solisten reüssierte Thomas Laske in der Rolle des Germont, der in der Arie „Di provenza il mar, il suol“ aus Verdis „La Traviata“ seinen Sohn mit subtilen Appellen dazu bringen will, sich von der nicht im allerbesten Ruf stehenden Violetta zu trennen. Die Mezzosopranistin Stefanie Schaefer wagte sich an das mit seinen Wechseln von den höchsten Höhen zu den tiefsten Tiefen halsbrecherisch zu interpretierende „Una voce poco fa“ aus Rossinis „Barbier von Sevilla“.
Gassenhauer und Abendlieder

Einen der Höhepunkte des Abends setzte der koreanische Tenor Daniel Kim. Von Nicolas Hrudnik, dem Leiter und Dirigenten von Musica Viva, als „Meister der leisen Töne“ vorgestellt, konnte er bei „Una furtiva lagrima“ tatsächlich besonders in den Piano- und Lento-Passagen sein „Chiaroscuro“, seine Hell-Dunkelmalerei“, in vorteilhafter Weise einbringen. Doch er brillierte auch mit technischer Perfektion im Koloratur-Finale dieser populären b-Moll- Romanze aus Donizettis „Liebestrank“, die mit einer von Weltschmerz getränkten Melodie, solo geführt vom wunderschön klingenden Englischhorn, auch Altoboe genannt, eröffnet wird. Der naive Nemorino entdeckt in dieser Buffo-Oper eine „Träne im Auge“ der Angebeteten und schließt daraus, dass seine Liebe zu der kapriziös und gebildet zugleich daherkommenden Adina erwidert wird. Und wiederum einen anderen Charakter gewann Kims Stimme im zweiten Teil des Abends, der ganz der Operette gewidmet war, als er Sándor Barinkay seine Stimme lieh und das Auftritts- Couplet aus dem Zigeunerbaron von Johann Strauss Sohn – „Als flotter Geist“ – aus vollem Halse schmetterte.

Wie Kim präsentierte sich auch Nicolas Hrudnik in bester Tagesform. Das galt auch für den Conférencier Hrudnik, der die Handlungen so verdichtet wiedergab, das er sich schon dem Humor näherte, für den Vicco von Bülow in seinen legendären Klassikkonzert- Einführungen verehrt wurde. Vor dem „Zigeunerchor“ aus Verdis „Il Trovatore (Troubadour)“ erwähnte der Dirigent beiläufig, dass man für die Instrumentierung Bremsscheiben verwenden würde. Man habe sie Autos entnommen, die in der näheren Umgebung des Amtsgartens parken würden. Im „Zigeunerchor“ werkeln die Akteure mit schwerem Arbeitsgerät. Es ergibt sich ein Sound, den man eher von Depeche Mode gewöhnt ist. Das mit einem deutlichen „Frauenüberschuss“ aufwartende Publikum neckte Hrudnik mit Anspielungen auf die „Klatschgeschichten“ in der Tritsch-Tratsch-Polka von Johann Strauß, die den „Landfrauen“ aus dem „wirklichen Leben“ doch bekannt sein müssten. „Stoßen sie mit einem Glas Kuhmilch auf das gelungene Konzert an.“

Ein Hörerlebnis vor der Open-Air-Bühne des Amtsgartens war es tatsächlich – mit Serenaden, also Abendliedern in des Wortes ursprünglicher Bedeutung, die ihre Wurzeln in den Gassen italienischer Städte haben. Das Ständchen, das ein Neapolitaner seiner Favoritin darbrachte, ist gewissermaßen die Keimzelle der „Canzone“ und damit auch der italienischen Oper. Solche „Gassenhauer“ verbreiteten sich wie Lauffeuer und wurden in den Hinterhöfen gesungen, schon bevor eine Oper zur Erstaufführung kam. Verdi soll daher sogar einen Maulkorberlass herausgegeben haben, um zu verhindern, dass die Melodie von „La donna è mobile“ schon vor der „Rigoletto“- Premiere Bekanntheit erlangte.

Manfred Lütjen, Vorsitzender des Amtsgartenvereins, hatte die Serenaden-Serie übrigens mit einem langen Prolog zum Thema „Amtsgartenverein“ eingeleitet, sodass es schon den Anschein hatte, dass der Amtsgarten diesmal zu einem Gesprächskonzert eingeladen hätte, ehe Lütjen doch noch ein Einsehen hatte und mit der selbstironischen Feststellung schloss, „dass Sie ja auch wegen der Musik gekommen sind“. Hrudnik nahm diesen Ball gerne auf, um ihn zu Lütjen zurückzuspielen: „Manfred, wolltest Du noch etwas sagen?“

Orchester Amtsgartenkonzert
Amtsgartenkonzert 2015
Abendstimmung beim Amtsgartenkonzert in Lilienthal

Unsere Partner

Sponsor Weser Kurier Bremen
Medienpartner
Volksbank Lilienthal
Premiumpartner
Stiftung Niedersächsicher Volks- und Raiffeisenbanken
 
© Amtsgarten e.V. 2016